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Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

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FlifiSepp
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Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von FlifiSepp » 30. Januar 2022, 01:56

Ein Fliegenfischer-Forum lebt von vielen Themen. Natürlich auch vom Fliegenbinden.

Aber wenn ich mir die Reaktionen auf die letzten Threads so anschaue, könnte schon der Eindruck entstehen, daß Fliegenbinden mehr Interesse hervorrauft, als das Fliegenfischen an sich und der eigentliche Grund dafür, warum wir das tun, nämlich weil wir Fische fangen wollen, die im Wasser leben.

Voraussetzungen, um Fische zu fangen, sind Lebensräume für Fische, in denen sie auch leben und möglichst auch vermehren können.
Ich zumindest habe keine Lust, nur Fische zu fangen, die in Betonbecken bis in fangfähige Größen gezüchtet werden und dann innerhalb von wenigen Wochen aus den damit besetzten Gewässern heraus gefangen werden, weil sie sowieso in frei fließenden Gewässern keine Überlebens-Chance haben.
Für mich ist so etwas nicht weit vom Fischen in Angelteichen entfernt. Eigentlich könnte man so gesehen sogar Fischer, die das Fischen in Angelteichen betreiben, als die ehrlicheren Fischer betrachten.

Klar ist es mühsam und erfordert ein gehöriges Maß an Frust-Toleranz, etwas für die Verbesserung von Lebensräumen für Fische und ein bessere Bewirtschaftung unserer Fischbestände zu tun.
Aber wenn wir selber zu wenig dafür tun, können wir auch nicht von Anderen erwarten, daß sie uns sehen und hören und daß sie auch etwas für unsere Interessen und die Interessen unserer Fischbestände tun!

Es geht um unsere eigenen Interessen, für die wir etwas tun sollten. Und wie schon im Wort "Interesse" enthalten, geht es auch darum, daß wir uns erst mal selber dafür interessieren!

Ich jedenfalls binde Fliegen, um damit Fische zu fangen und deshalb interessiert es mich vor allem, daß wir auch künftig noch Fische in unseren Gewässen haben, die dem Anspruch eines ernsthaften Fliegenfischers entsprechen und werde im Rahmen meiner Möglichkeiten so viel wie möglich dafür tun, daß das auch unsere Nachkommen noch erleben!

LG Sepp

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wuzler
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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von wuzler » 30. Januar 2022, 16:18

Servus Sepp,

ich kann deine Meinung voll nachvollziehen. Jedoch kommt es auch darauf an wieweit man die Möglichkeit dazu hat. ich z.B. wohne von meinen Fischrevieren die ich so befische mindestend 50 Km, die meisten sogar an die 100 oder mehr, entfernt. Dass da ein Mitwirken bei Besatzmaßnahmen udgl nicht so einfach ist, glaube ich liegt auf der Hand.
Daher ist für mich das Thema "Fliegenbinden" interessanter und kann ich da auch mitreden.

Gruß, Karl
Tight Lines und gut Zwirn
wünscht Dir
Karl

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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von forelle1 » 30. Januar 2022, 19:24

Bei dieser Behauptung "Fliegenbinden nur um Fische zu fangen", kann ich dir, Sepp, nicht ganz zustimmen.
Das Gegenteil ist eher der Fall. Als ich vor ca. 50 Jahren das erste mal mit meinem Schwiegervater zum Angel bin, war es an der Tagesordnung, dass die Angelstelle etwas angefüttert wurde und dann mit der Grundangel und dem Blinker usw. gefischt wurde. Die Fische hatten jedoch fast immer den Haken verschlugt und ein schonendes lösen war nicht möglich.
Später stellte ich meine Angelart auf Schwimmer und dem Fischen mit der Schnur in der Hand um. Da konnte ich in der Regel den Haken leichter lösen. Bei meiner Tätigkeit als stellv. Gewässerwart lernte ich auch die Insekten im Wasser kennen und wie sie leben. Nun kahm ein Tagesausflug in die Fränkische Schweiz. Da beobachtete ich einen Fliegenfischer wie er vergeblich versuchte mit Nymphen im Wasser Forellen zu fangen. An der Oberfläche war gerade der Maifliegenschlupf voll im Gange. Ich sprach im an, ob er nicht eine Maifliege in seiner Tasche hat. Er meinte, das kann ich einmal probieren.
Gleich beim ersten Wurf konnte er die Forelle landen. Er stand im Wasser und hat sie kaum aus diesem Element entfernt.
Schnell hatte er mit seinen nassen Händen die Forelle gelöst und lies sie schwimmen. Ich fragte: Brauchst du den kein Mittagessen? Nein hatte er gesagt. So eine schön gezeichnete Bachforelle muss im Wasser bleiben. Ich dachte bei mir, mit dem Angeln hat er es ja nicht so, aber der Umgang mit der Kreatur ist vorbildlich. Egal, wie ich jetzt zum Fliegenfischen kam, das ist ein anderes Thema. Ich binde jetzt auf jedem Fall Fliegen, weil ich gerne etwas kreativ gestallte und beim Fischen eine Bestätigung finde das ich als Gewässerwart etwas gelernt und das beim Fliegenfischen umsetzen kann. Dabei nehme ich mir dann den Kollegen von der Fränkischen Schweiz als Vorbild und verhalte mich am Wasser auch so.
Gruß Hans

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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von forelle1 » 30. Januar 2022, 20:04

Auch andere Umbaumaßnahmen finden derzeit bei uns am Gewässer statt.
Der Biber.
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Gruß Hans
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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von FlifiSepp » 30. Januar 2022, 22:38

Ich denke, ich sollte klarstellen, daß mein Aufruf nicht gegen das Fliegenbinden gerichtet ist!.
Und schon gar nicht gegen Posts über das Fliegenbinden in einem Fliegenfischer-Forum!
Fliegenbinden gehört wie Fliegenruten, Fliegen-Schnüre und noch vieles mehr zwingend in ein solches Forum.

Meine Anmerkungen sollten sich darauf beziehen, daß bei den vielen Bereichen rund ums Fliegenfischen oft der eigentliche Grund für das Fliegenfischen vielleicht manchmals zu kurz kommt:
Das Interesse an den Fischen und dem Lebensraum, den sie brauchen!

Tut mir leid, wenn ich mit meinen Äußerungen einen falschen Eindruck erweckt habe! Genausogut hätte ich irgend welche Ausrüstungsgegenstände nehmen können, die aktuell diskutiert werden.
Und die Aussage "ich binde Fliegen nur, damit ich damit Fische fange" bezieht sich nur auf meine ganz persönliche Sichtweise dazu.

Ich wollte nur mal wieder in Erinnerung bringen, daß wir alle immer wieder gefordert sind, in unserem Umfeld das für unsere Interessen zu tun, was wir tun können. Da kann der Eine aus gegebenen Gründen mehr und der Andere weniger dazu beitragen. Aber wenn jeder das, was er dazu beitragen könnte, auch tut, dann sieht die Zukunft unserer Gewässer und den Fischen darin wunderbar aus!

Gerade in der kommenden Zeit gibt es viele Jahreshaupt-Versammlungen der Fischrei-Vereine. Deshalb mein Input diesbezüglich.

LG Sepp

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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von zulu6 » 31. Januar 2022, 15:47

Grüß dich Sepp und alle,
spannend gewählter Einstieg ins Thema, das verlangt schon fast eine Reaktion bzw. Antwort. :thumbs_up:

Um noch kurz das Fliegenbinden als Nebenschauplatz des eigentlichen Themas anzusprechen,
ich denke gerade das Fliegenbinden setzt in vielen Fällen ein intensives Auseinandersetzen mit dem Lebensraum voraus.
So ist zumindest mein Zugang geworden.
Bei vielen Bastlern - zu denen ich mich selbst zähle - übt die Binderei dann noch den speziellen Reiz aus,
dass man seine Fähigkeiten ganz stark fürs eigene Auge perfektioniert und eine Freude hat, wenn die Fliegen schön werden -
viel schöner übrigens, als sie für die Fische meistens sein müssten.
Aus der Freude resultiert zumindest für mich, dass man die Ergebnisse auch Gleichgesinnten zeigt, Anmerkungen, Lob, Kritik, Tipps etc. bekommt.
Ein schönes eigenes Universum, das mMn wiederum stark an den Lebensraum des Flossenwildes gebunden ist.


Die Thematik Gewässerschutz / Lebensraum der Fische hab ich eh zuletzt auch bei dem Thread zur Regenbogenforelle thematisiert und
wenn ich mich recht entsinne auch bei meinem Beitrag zu Österreichs Fisch des Jahres 2022, der Barbe.
Mich begleitet dieses Thema recht intensiv seit ich im Jahr 1995 Augenzeuge einer "angeblich" missglückten Stauraumspülung und
dadurch verursachter ökologischer Katastrophe an den darunterlegenden Gewässersystemen wurde.
Seither versuche ich im Rahmen meiner Möglichkeiten auch auf lokaler Ebene für das Thema zu sensibilisieren.
Dabei spreche ich ganz gerne Nicht-Fischer an, denn die interessierten Fischer wissen es zumindest.

Schon sind wir bei dem von Sepp angesprochenen "Interesse", das die Fischer an dem Thema haben sollten.
Da bermerke ich sehr oft, dass es halt auch viele fischende Kollegen gibt, denen das Thema zwar bewusst ist,
aber das Interesse dafür fehlt - es könnte Arbeit bedeuten - wenn vielleicht auch nur Kopfarbeit.

Werde mich aber hüten, jemandem meine Meinung aufzuzwingen.
Manchmal fruchten die Gespräche, manchmal wäre es sinnvoller, mit einer Taube Schach zu spielen...


Schöne Grüße
Jürgen
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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von Willi » 1. Februar 2022, 19:43

Grüß Euch, bei uns in Oberösterreich sind (fast) alle Gewässer vom Menschen verändert worden.
In den letzten Jahren wurde auch sehr viel für den Hochwasserschutz verändert. Daneben wurde aber auch einiges für die Durchgängigkeit der Flüsse, gemäß der EU-Richtlinie getan, etwa Umgehungsgerinne, oder Fischaufstiegshilfen, bzw. Fischwanderhilfen geschaffen.
Leider funktionieren diese Maßnahmen oft nur in eine Richtung - flussauf, denn flussab geht es meist immer noch direkt durch die Turbine. :(

Solche Maßnahmen kosten auch oft sehr viel Geld. Dafür gibt es auch Förderungen der EU. Allerdings kommt mir vor, es geht den Verantwortlichen in erster Linie um diese Fördergelder und weniger um das, was daraus gemacht wird. Ein Beispiel dafür ist die größte "Fischwanderhilfe" Österreichs mit 14,2km.

Sie beginnt an der Innbachmündung in die Donau, unterhalb des KW Ottensheim, über die einmündende Aschach, über den in die Aschach einmündeten "Brandstätter Sporen", über zwei große Schieber zurück in die Donau zwischen Brandstatt und Aschach. Somit können die Fische nun das KW Ottensheim umwandern, bevor sie dann wenige Kilometer weiter am KW Aschach wieder anstehen!

Dafür wurden erhebliche und umfangreiche Baggerungsarbeiten im Innbach und besonders in der Aschach durchgeführt.

Dazu muss man wissen, dass die Aschach in diesem Bereich bereits in den späten 1980er Jahren bereits weitläufig renaturiert wurde. Der Fluss war in diesem Bereich eine kleine Sensation, denn dort lebten Bach- und Regenbogenforellen, neben Barben, Karpfen, Welsen, Hechte, eine Vielzahl von Weißfischen und sogar eine gar nicht so kleine, autochthone Gruppe von selbst reproduzierenden Äschen nebeneinander.

Wie oft habe ich im April den Äschen beim Laichspiel zugesehen - unvergesslich.

Leider wurde eben besagte Fischwanderhilfe "gebaut" und dazu ein Großteil dieses renaturierten Bereiches ausgebaggert - leider mit wenig Gefühl und Umsicht. Die vielen überwachsenen Ufer wurden begradigt und weitläufig geebnet. Die Schotterbänke, auf denen die Äschen und viele andere Fischarten jedes Jahr gelaicht hatten, wurden einfach abgebaggert usw. usw.
Um wieder etwas Struktur hinein zu bringen, wurde alle paar hundert Meter ein größerer Baumstamm leicht schräg im Uferbereich verankert.

Nach der Fertigstellung im Jahr 2016 habe ich keine Äschen mehr gesehen und auch sonst war kaum mehr Fisch in diesen "frischen" Bereich.

Was vielleicht noch gesagt werden muss ist, dass dieser Fischwanderweg ja grundsätzlich immer schon da war, denn der Verlauf Donau - Innbach - Aschach - Sporen - Donau war ja immer schon gegeben.

Ich persönlich finde, dass hier einfach mit der Baggerung übertrieben wurde und sicherlich spielte hier auch der Hochwasserschutz kräftig mit hinein.

Die Bilder zeigen den Zustand vorher und unmittelbar nach der Baggerung.
AS1.jpg
AS2.jpg
AS3.JPG
AS4.jpg
AS5.jpg
AS6.jpg
Wie auch immer, in den darauf folgenden Jahren war der Fangerfolg in dem Bereich sehr bescheiden. Heute, nach vielen Jahren zeichnet sich eine Besserung ab, aber Äschen wurden meines Wissens seither keine mehr gesichtet.

Zumindest "wandern" einige andere Fischarten wieder hier durch und ich denke ernsthaft darüber nach, mir heuer die Lizenz für dieses Gewässer wieder zu nehmen.

Gruß, Willi
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TENKARA ist meine Philosophie!

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Re: Provokant: Bessere Lebensräume und Fischbestände

Beitrag von FlifiSepp » 1. Februar 2022, 20:56

Ja, Willi, da werden oft Fördergelder abkassiert, um ganz andere Ziele zu erreichen, als das, wofür die Gelder eigentlich gedacht sind!

Trotzdem gibt es viele Beispiele, wie man es besser machen kann. Sowohl bei tatsächlichen Renaturierungs-Maßnahmen, als auch bei der Bewirtschaftung. Bei beiden Projekten hat anscheinend der Fischbestand über die Jahre deutlich zugenommen und die Fischerei wesentlich attraktiver gemacht:

https://www.diebewirtschafter.at/mission-statement
https://ffmh.at

LG Sepp

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