Der Clubfisch des Jahres 2024 ist die Nase
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Regenbogenforelle kontrovers

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FlifiSepp
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Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von FlifiSepp » 29. Januar 2022, 00:56

Ich nehme mal die Anregungen von Jürgen auf und stelle den Clubfisch des Jahres 2022, die Regenbogenforelle, zur Diskussion.

Als nicht heimische Fischart müßte die Regenbogenforelle als Clubfisch eines Fliegenfischer-Forum eigentlich zwangsweise eine kontroverse Diskussion auslösen.

Meine persönlich Meinung dazu:

Durch die menschliche Eingriffe sind die allermeisten Fließgewässer dramatisch verändert worden. Kaum mehr ein Bach oder Fluss sind so, wie sie früher waren. Das führte dazu, daß die Lebensräume vieler einheimischer Fischarten wie zum Beispiel Bachforelle und Äsche in vielen Bereichen drastisch eingeschränkt oder sogar vernichtet wurden.

Die Regenbogenforelle ist ein Fisch, der die veränderten und für heimische Fische nicht mehr oder nur sehr beschränkt nutzbaren Lebensräume erobern und nutzen kann.
Insofern hat die Regenbogenforelle aus meiner Sicht in diesen von Menschen stark veränderten Flüssen und Bächen eine Berechtigung. Insbesondere, wenn sich dort die Regenbogenforelle selbständig vermehren kann, hat sie druchaus eine Berechtigung.

Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen verdrängt die Regenbogenforelle in den Bereichen, die noch als (zumindest halbwegs) natürlich gesehen werden können und entsprechend für die heimischen Fischen geeignete Habitate bieten, wenig bis gar nicht die heimischen Fische, die können sich da ganz gut "durchsetzen".

In den Lebensräumen (Fließgewässern), die nicht mehr (oder nur noch sehr bedingt) für heimische Fische geeignet sind, können sie eine durchaus gute und sinnvolle Fischerei ermöglichen.
Die Kampfkraft von ("wildgewachsenen") Regenbogenforellen ist aus meiner Sicht sogar als fast schon lengendär einzustufen!

Trotzdem sollte meiner Meinung nach der Besatz von Regenbogenforellen sehr umsichtig und nur in dafür geeignetem Umfeld stattfinden. Dann mit möglichst selbst reproduzierenden Besatzfischen, die sich ihre Nischen erorbern und sich in den für sie geeigneten Gewässer-Abschnitten behaupten können.

LG Sepp

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Re: Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von zulu6 » 29. Januar 2022, 11:12

Sepp, danke fürs Aufnehmen des Fadens. :thumbs_up:

Hätte man mich vor 15 oder 20 Jahren zu meinem Verhältnis zur Regenbogenforelle gefragt, wäre es anders ausgefallen.
Ich mochte den Fischt nicht.
Zu stark war der Blick auf die geliebte heimische Bachforelle focusiert,
die mich schon von klein auf als absolute Wildfische vom kleinen Wiesenbach bis zur Bregenzerach begleiteten.
Lange bevor ich recht mit der Angelrute zu fischen begann, war es Gang und Gäbe die Fische per Hand zu fangen.
Das ist bei einer Bachforelle im Bach ja nicht so schwer, wenn man beobachtet, wo sie den Unterstand hat.

Natürlich musste ich zusehen, wie die Bachforelle nach und nach verschwand.
Dennoch bis in meine End-Zwanziger war mir die Regenbogenforelle sehr suspekt,
weil ich sie bis dahin eigentlich nur als billigen Besatzfisch mit stumpfen Köpfen, Missbildungen, schlechtem Flossenbild usw. wahrnahm.
Daher sah ich sie lange als Bedrohung für die so geschätzte wilde Bachforelle.

Irgendwann kam wieder mal ein Umdenk- oder besser gesagt Erkenntnisprozess in Gang, bei dem ich mehr zu schaffen bekamm mit der ReBo
und eingesehen habe, dass, wie du auch angeführt hast Sepp, es einfach Gewässer gibt, an denen sich die Bachforellen einfach nicht mehr halten können.
Und genau an solchen Gewässern haben sich sie Regenbogenforellen teilweise selbstreproduzierend etablieren können.

Da wurde nicht eine Fischart verdrängt, wie das übrigens vor etwa 20 bis 25 Jahren noch bei der Fischerprüfung bzw. beim Fischerkurs gelehrt wurde,
sondern die Regenbogenforelle hat eine entstandene (oft menschenverursachte) Lücke besetzen können.
Und diese Fische - auch wenn ursprünglich nicht heimisch - habe ich nach und nach mehr schätzen gelernt.

FlifiSepp hat geschrieben:
29. Januar 2022, 00:56
Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen verdrängt die Regenbogenforelle in den Bereichen, die noch als (zumindest halbwegs) natürlich gesehen werden können und entsprechend für die heimischen Fischen geeignete Habitate bieten, wenig bis gar nicht die heimischen Fische, die können sich da ganz gut "durchsetzen".

In den Lebensräumen (Fließgewässern), die nicht mehr (oder nur noch sehr bedingt) für heimische Fische geeignet sind, können sie eine durchaus gute und sinnvolle Fischerei ermöglichen.
Das sehe ich genauso.


Es wird halt mit der Regenbogenforelle leider nach wie vor allerhand Besatz-Schindluder getrieben.
Da sind auch wir Fischer gefragt, dass wir im Verein oder beim Bewirtschafter die Forderung nach einer guten nachhaltigen Besatzstrategie einbringen.
Wir sind ja auch diejenigen, die das am Ende Refinanzieren.

Summa Summarum ist mir die Regenbogenforelle auch sehr lieb geworden,
aber zu 100% kommt sie bei mir nicht an die Bachforelle heran.
Das ist halt ein Vogel von mir.
:)

Schöne Grüße
Jürgen
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Fischen und fischen lassen
(zulu6)

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Re: Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von forelle1 » 29. Januar 2022, 20:16

Da könnte ich einen kleinen Roman über Bach- und Regenbogenforelle in unserem Angelverein schreiben.
Als ich das erste mal mit meinem Schwiegervater ans Vereinsgewässer zum Angeln bin, hat es fast nur Regenbogenforellen gegeben. Sie wurden im Frühjahr fangfähig eingesetzt und nach ein paar Wochen Gewässersperre zum Angeln freigegeben.
Die waren von einer Fischzucht wo sie täglich mit Pellets gefüttert wurden. Also Pellets kaufen, etwas anfüttern und rausziehen. Oberhalb von unserem Gewässer hat der Besitzer immer ein paar Bachforellen eingesetzt. Wenn unsere Regenbogner in die Kochtöpfe und Räucherschränke verschwunden waren, konnte man ab und zu auch an unserem Gewässer mit viel Mühe und Geschick eine Bachforelle landen. Nach einer Zeit kam der Vorschlag, wir könnten doch auch von der früher bei uns heimischen Bachforelle welche einsetzen. Da gab es natürlich gleich Bedenken, dass die sich nicht vertragen und zu Fressfeinden werden. Die folgende Idee war: Unser Gewässer war zu dieser Zeit noch komplett von einem kleinen Kraftwerk getrennt. Da können wir ja im oberen Bereich fangfähige Regenbogenforellen und im unteren Bereich ein- und zweisömmerige Bachforellen einsetzen. So wurde es dann auch durchgeführt. Wir setzten sogar in kleineren Zuflüssen auch diese Bachforellen ein. Ein paar Jahre später hatten wir durch Lehrgänge und Besichtigungen in unserem Beispielbetrieb für Fischerei in Aufseß, in der Fränkischen Schweiz, Kontakt mit der Bezirksfischerei. Die kahmen auf die Idee, dass wir in kleinen Nebenbächen, wo sich die Bachforellen noch natürlich vermehren, mit Elektroabfischen ein paar Laichfische entnehmen, sie abstreifen und in ihrer Fischzucht schlüpfen lässt. Danach konnten wir und auch andere Vereine die frisch geschlüpften Forellen abholen und bei uns in den Nebenbächen einsetzen. Nach einer Zeit hat sich jedoch wieder viel geändert. Der Bach wurde begradigt, und danach wieder ökologisch ausgebaut. Wir bekamen eine kleine Fischaufstiegshilfe, die hat nach unserer Betreuung sogar einigermaßen funktioniert. Anders war es bei dem Gewässerumbaumaßnahmen.
Die wurden durch Hochwasser und andere Einleitungen innerhalb weniger Jahre zerstört und der Bach immer mehr verschlammt. Jetzt wurde bei uns auch noch beschlossen, dass wir nur noch fangfähige Bachforellen einsetzen, weil die ja unsere heimische Fischart ist. Die Trockenheit in den letzten Jahren sorgte nun auch noch dafür, dass unsere kleinen Nebenbäche austrockneten. Einmal habe ich sogar jemanden beobachtet der mit einem großen Pumpwerk noch extra dafür sorgte. Nun besetzen wir eben im Frühjahr unsere Bachforellen und sorgen dafür das ihnen der Schlamm im Gewässer und der wechselhafte PH - Wert durch den vielen Wasserpflanzen im Sommer nichts mehr anhaben kann. den in unserem Kühlschrank sind sie sicher.
Gruß Hans

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Re: Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von FlifiSepp » 30. Januar 2022, 01:22

Ja, Hans, klassisches Beispiel, wie man es nicht machen soll!

Auch wenn es mühsam ist, sollten wir als Mitglieder dieser Vereine nicht müde werden, in persönlichen Gesprächen, Mails, Telefonaten und Briefen an unsere zuständigen Funktionäre kundtun, daß wir eine bessere und nachhaltigere Bewirtschaftung unserer Gewässer fordern.
Dort, wo die Lebensräume für Äschen und Bachforellen geeignet sind, für selbst möglichst selbst reproduzierende Bestände dieser Fische zu kämpfen und dort, wo die Lebensräume für Regenbogenforellen besser geeignet sind, eben für diese Fischart.

Ich höre und lese oft Seitenhiebe und zynische Bemerkungen bezüglich der "Natuschützer", womit die bekannten Naturschutz-Verbände gemeint sind. Vergessen wir dabei bitte nicht, daß unsere Fischerei-Verände (in denen wir Mitglieder sind) auch als Naturschutzverbände anerkannt sind. Wir beschimpfen uns mit solchen Äußerungen also quasi selber.

Wenn wir es als Fischer selber nicht schaffen, eine sinnvolle Bewirtschaftung unserer Fischbestände umzusetzen, werden uns die anderen Naturschutzverbände gar nicht ernst nehmen und werden (müssen dies vielleicht sogar tun, um bei ihren eigenen Mitgliedern nicht unglaubwürdig zu erscheinen) eine Zusammenarbeit mit uns für unsere Belange mit Recht ablehnen.

Nur gemeinsam sind wir stark und nur gemeinsam können wir unsere Interessen und die Interessen der Fische vertreten!

LG Sepp

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Re: Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von forelle1 » 30. Januar 2022, 11:37

Hallo Sepp.
Ich habe natürlich auf Bezug der Bachforelle nur die negativen Beispiele aufgeführt.
Es gibt natürlich auch Positives zu berichten. Es wurden in den vergangenen Jahren nicht nur fangfähige Bachforellen eingesetzt, sondern auch Bachforellen einjährig, Bachforellenbrut, Karpfen K1, Schleien S1, Nasen N1, Zander fangfähig, Barben und Glasaal falls vorhanden.
Bei dem ökologischen Ausbau war natürlich auch nicht alles schlecht. Es gibt Bereiche mit angelegten Laichgebieten und beruhigte Zonen wo noch alles wie geplant funktioniert.
Auch in den kleineren Zuflüssen, ist meiner Meinung nach, eine natürliche Fortpflanzung von Bachforellen und Karpfen vorhanden. Neben dem allgemeinen Angelbeginn der Kochtopfangler im Frühjahr gibt es natürlich viele positive Tätigkeiten der Vereinsmitglieder.
- Der fachgerechte Fischbesatz an den Vereinsgewässer mit eingeschlossenen Schongebieten.
- Eine Gewässerreinigung an allen Gewässern im Frühjahr. ( in der coronafreien Zeit )
- Beobachten und instand setzen der Fischaufstiegshilfe.
- Lehrgänge für Gewässerwarte, Fischverwertung usw. ( danach biologische und chemische Gewässeruntersuchung
durchführen )
- Betreuung einer Jugendgruppe mit fachgerechter Einweisung. Vorbereitung für den Fischereischein
- Praktischer Unterricht mit Schulklassen am Gewässer mit durchführen.
- Jugendgruppen als Ferienprogramm am Angeldeich einen Einblick mit Informationen und praktischer Übung einen Einblick
in unser Hobby mit den nötigen Vorschriften und Verhaltensregeln geben. ( Die waren von meinen Fliegen ganz begeistert.
Eine hat sogar gefragt: Sind die echt? )
- usw.
Gruß Hans

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Re: Regenbogenforelle kontrovers

Beitrag von FlifiSepp » 30. Januar 2022, 13:01

Hallo Hans,

freut mich, daß Du auch die andere, positive Seite, Eurer Vereins-Bewirtschaftung vorstellst! Schnell rücken die negativen Seiten oder Ereignisse in den Vordergrund und verdrängen die positiven Ansätze.

Aber gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir positive Beispiele dringender denn je! Darzustellen, wie man es nicht machen sollte, ist wichtig, erzeugt aber auch Unsicherheit, Frust und Hoffnungslosigkeit.
Als Gegenbpart sind deshalb erfolgreiche Beispiele, wie man es besser machen kann, so wichtig!

LG Sepp

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