Erste Clubfliege des Jahres ist die Missing Link, hier in verschiedenen Interpretationen / Der Clubfisch des Jahres 2025 ist der Bachsaibling
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Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

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hard
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Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von hard »

Servus Leute,

melde mich nach langer Zeit auch wieder mal mit einem kleinen Fangbericht ... ich folge damit auch ein wenig dem "Aufruf" von Jürgen, dass ein Beitrag oder erstellen eines Themas für ihn der beste Lohn ist dass er sich um diese kleine Community kümmert und uns die Möglichkeit des gemeinsamen Austausches bietet

der Angeltag Anfang August war meine heurige Eröffnung der FliFi Saison ... schlimm genug das meine Saisoneröffnung beim FliFi erst Anfang August stattgefunden hat, habe ich mir diesen Tag auch aus den zeitlichen Rippen schneiden müssen ... bin auf meine alten Tage jetzt beruflich so eingespannt dass ich mich entscheiden muß ob Arbeit oder (Fliegen)Fischen ... da mir der Job, und die mir anvertrauten Aufgaben aber so viel Spaß machen, gewinnt meist der Job ;) ... anyway ... an dem Tag hat es gepasst und ich habe ihn sowas von genossen !! ... deshalb ist mein Fangbericht auch bewußt etwas überzeichnet geschrieben - ok stark überzeichnet :lol: ... aber das soll meine Freude über diesen Tag etwas hervorheben und zelebrieren :)


Datum: Ein glutheißer Tag im frühen August
Gewässer: ein schattenspendender Wildbach im Herzen des Ötscherlandes
Bewirtschaftung: nachhaltig & absolut wild – ohne jeden künstlichen Besatz
Beute: wilde Bachforellen & eine stolze Regenbogenforelle
Gerät: eine Gespließte aus dem Hause PHP mit klassischer Seidenschnur
Muster: Trockenfliege "Pheasant Tail" (Gr. 18), später "Missing Link" (Gr. 16)

Der Aufbruch:

Die Hitze lag bereits um acht Uhr morgens wie eine bleierne Decke über den Tälern des Ötscherlandes. Während die Sonne die Wiesen brannte, wusste ich mein Heil im kühlen, dunklen Schatten der Bergwälder. Mein Ziel war ein Bach, so klar wie der Schnaps, für den die Region berühmt ist, und bewirtschaftet nach dem edelsten Prinzip: der Natur selbst zu vertrauen, ganz ohne künstlichen Besatz. Hier herrscht die Wildnis. Und für eine solche Pirsch hatte ich die perfekte Gefährtin gewählt: eine leichte, geschmeidige, gespließte Bambusrute aus der feinen Manufaktur von PHP, gepaart mit einer honigfarbenen Seidenschnur. Ihr sanftes, fast surrendes Geräusch beim Auswurf sollte heute die Melodie des Tages werden.

Das Wasser:

Der Anblick des Baches war eine Erlösung. Das Wasser plätscherte nicht, es rauschte kühl und einladend über moosbedeckte Steine. Es war von einer solchen Klarheit, dass es die grelle Sonne in tausend funkelnde Reflexe zerlegte. Jeder Gumpen, jede unterströmte Wurzel war ein kleines, perfekt einsehbares Universum. Eine Welt aus Licht, Schatten und flinken Bewegungen. Mit der PHP-Rute in der Hand, die sich anfühlte wie eine natürliche Verlängerung des Arms, schlich ich mich heran. Die Seidenschnur glitt fast schweigend durch die Ringe und landete weicher als jede moderne Kunstfaser. Diese Art zu angeln verlangt nach Langsamkeit, nach Demut und Präzision – genau das, was dieser Ort verlangte.

Die Jagd beginnt:

Die ersten Würfe waren eine Meditation. Die schwere Seidenschnur lud die Bambusrute in einem perfekten Bogen, schleuderte die feine Vorfachspitze und mit ihr das erste Muster – eine schlanke, schlichte "Pheasant Tail" (Gr. 18) – haargenau unter eine überhängende Wurzel. Der Anflug war makellos. Die Forellen in diesem klaren Wasser sind unbestechliche Kritiker, und sie musterten die klassische Fliege mit Skepsis. Es gab vorsichtige Bisse, zaghaftes Anstoßen, aber keinen sicheren Anhieb. Die Fische waren da, aber sie verweigerten die klassische Kost. Die große Hitze ließ die Luft über dem Wasser flirren. Es war Zeit für einen Wechsel. Zeit für das Muster, das in diesem Bach so oft die Barrieren löst: die "Missing Link". Eine Fliege, die weder Fisch noch Fleisch ist, aber irgendwie alles gleichzeitig. Ich band eine in Gr. 16 an. Schon der zweite Wurf, ein Präsentation in einer tiefen, beschatteten Rinne, wurde mit einer brutalen Attacke beantwortet. Die PhP-Rute bog sich in einem wunderschönen, vollem Bogen und übertrug jeden Ruck, jede Flucht der wilden Bachforelle direkt in meinen Handballen. Es war ein Dialog. Ein Gefecht auf Augenhöhe, angetrieben vom sanften Zug der Seidenschnur.

Die Belohnung:

Der Nachmittag gehörte der "Missing Link". Sie war der Schlüssel zur Laune des Baches. Eine kräftige Regenbogenforelle, mit einem tollen Farbenspiel auf den Flanken, welches das Sonnenlicht in allen Farben brach, attackierte die Fliege mit purer Aggression, kaum dass sie die Strömungskante erreicht hatte. Dieser Fisch stemmte sich gegen die sanfte, aber unnachgiebige Kraft der Bambusrute. Er zog in die Strömung, machte Fluchten in die Tiefe, und die Rute arbeitete mit einer Anmut und Kraft, die mich jedes Mal aufs Neue staunen lässt. Der Kampf war ein leises Ziehen und Nachgeben, ein Wispern der Seidenschnur im blank polierten Achatring.

Der Abschied:

Als die späte Nachmittagssonne den Ötscher in warmes Licht tauchte, entließ ich die letzte Forelle. Ein schneller Schlag ihrer Schwanzflosse genügte, und sie löste sich in der schattigen Tiefe ihres Wohnpools auf, als wäre sie nie da gewesen. Ich wickelte die schwere, nun nasse Seidenschnur behutsam auf die Rolle und zerlegte die PHP-Rute mit einem Gefühl tiefer Ehrfurcht. Vor dem Bach, der seine Geheimnisse so gut hütet und seine wilden Kinder so perfekt ernährt. Vor dem Muster, das heute erneut die unumstrittene Königin des Wassers war.. Und vor dem Werkzeug, das diesen Tag nicht zu einem bloßen Fangen, sondern zu einem wirklichen Erleben gemacht hat. Es war ein Gespräch zwischen mir, der Seidenschnur, der Rute und dem Bach. Und kein Wort davon war laut gesprochen worden. Ein perfekter Tag im August.

hier auch zur Untermalung auch ein paar Fotos
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Krebs55
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von Krebs55 »

Servus Hard,

Perti Heil,

so ein schöner Tag am, im Wasser, wie im Bilderbuch,

Danke fürs mitnehmen,die Zeit beim Wasser fehlt mir sehr.....

LG Ernestine
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von FlifiSepp »

Schöner Bericht!

LG Sepp
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von zulu6 »

Grüß dich Reinhard,

vielen Dank für den literarisch auf höchsten Niveau dargebotenen Beitrag voller Poesie!
Hast mich abgeholt und mitgenommen auf eine Weise, wie es nur aus deiner Feder kommen kann.
:clap: :clap: :clap:

Ja das ist so eine Zeit, in der man so eingespannt ist.
Hatte auch erst in der heurigen Sommervakanz, die aber zu gut der Hälfte kalt und verregnet war, Zeit und Muße gefunden,
ein bisschen Fliegenfischen zu gehen.
Es zählt nicht die Quantität, sondern die Qualität :)
Diese besondere Zeit für sich, nur du, das Wasser, die Fische und die Fischerei - ohne Störeinflüsse.
Ein mit sich selbst und der Natur.

Dieses Feeling, dieses besondere Mojo hast du mMn literarisch perfekt getroffen und entgegen deinem Prolog denke ich,
dass es gar nicht so überzeichnet ist, sondern die große Demut, Dankbarkeit und Zufriedenheit widerspiegelt.


Ja und die Missing Link war einmal mehr DER missing link. :muscle: :muscle:
Nicht umsonst wurde sie sehr eindeutig auch zur Clubfliege des Jahres 2025 gewählt und eine deiner Fliegen ziert ja auch den Banner oben. 8-)

In einer ruhigen Minute (bzw. Stunden...) sollte ich mir dringend auch wieder welche binden.
Meine Vorräte sind auf 2 Stk. in Gr. 14 geschrumpft und das obwohl oder gerader weil sie neben der RC und der Dryet eine meiner absoluten Top-Besetzungen ist.

Abschließend ein herzliches Petri heil und vielen Dank für diesen wirklich schönen Beitrag!

Beste Grüße
Jürgen
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Fischen und fischen lassen
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Willi
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von Willi »

Hallo Reinhard! Vielen Dank für diesen super Bericht! :thumbs_up:
Dickes Petri und BG aus Wels,
Willi
TENKARA ist meine Philosophie!
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wuzler
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von wuzler »

Lieber Reinhard, Danke dass du uns an diesem Traumtag teilhaben hast lassen. Ich hab förmlich mitgedrillt so wunderbar hast du das ganze geschildert!
Glücklich wer solche Gewässer befischen darf.
Ja , und über die Missing Link braucht man nicht weiter viel schreiben. Auch meine deutschen Freunde in Thyringen , Bayern und sonstwo wissen sie inzwischen zu schätzen, so dass ich mit dem Binden kaum nachkomme.
Wünsch dir noch viele schöne Stunden mit deiner PHP an diesem edlen Gewässer!
Tight Lines und gut Zwirn
wünscht Dir
Karl
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hard
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von hard »

Danke euch für die netten Rückmeldungen !

ich mag diesen kleinen Bach wirklich sehr gerne ... leider hab ich heuer nur zwei der sehr, sehr Tageskarten ergattert ... für die nächste Saison werde ich mich um die Jahreslizenz bemühen ... hoffe es klappt auch

auch meine Kraftarena das "Bernsteinwasser" von dem bewirtschafter hab ich heuer wieder im Sortiment ... hoffe der eine oder andere Ausflug geht sich dorthin auch noch aus bevor die Saison dort dann wieder zu Ende geht
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Re: Im Reich der Wilden – Eine Begegnung im Ötscherland

Beitrag von Palakona »

Danke für den stimmungsvollen Bericht!

Und ganz ehrlich - ein klein wenig stolz bin ich schon, dass du mit der Gespließten aus meinen Händen nach wie vor viel Freude hast!
Man muss lernen, was zu lernen ist, und dann seinen eigenen Weg gehen (Georg Friedrich Händel)
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